Neun engagierte Modellschulen aus Sachsen-Anhalt, Bayern und Berlin haben im Schuljahr 2014/15 erstmals in der Praxis gezeigt, wie Wertebildung mit Service-Learning in den MINT-Fächern gelingt. Sie wurden dafür von uns qualifiziert, beraten und begleitet – in enger Zusammenarbeit mit der Netzwerkstelle Lernen durch Engagement Sachsen-Anhalt (in Trägerschaft der Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e. V.) und unterstützt durch das Bildungsministerium des Landes. Im Modellprojekt sind gute Beispiele zum Nachahmen und zahlreiche pädagogische Materialien für Service-Learning in den MINT-Fächern entstanden, die von allen Interessierten bundesweit kostenlos und unter freier CC-Lizenz genutzt werden können, u. a. eine Handreichung, Methodenblätter und ein Web-Based Training.
Service-Learning in den MINT-Fächern
Gemeinsam mit der Siemens Stiftung setzen wir uns für ein forschendes und handlungsorientiertes Lernen in den MINT-Fächern ein, das Kinder und Jugendliche für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik begeistert und zugleich Werte bildet. Service-Learning ist für uns die ideale Lernform, um MINT- und Wertebildung in der Schule zusammenzudenken.
Die Werte, die Kinder und Jugendliche als wichtig erachten, bilden sowohl das Fundament für ihre individuellen Entscheidungen im Leben als auch für ihr Handeln als Teil der Gesellschaft. Insbesondere bei gesellschaftlichen Veränderungen geben Werte wichtige Orientierung. Wertebildung beginnt in frühester Kindheit und Jugend – schon kleine Kinder haben klare Vorstellungen von Gerechtigkeit, Macht und Fairness (Reinders, 2016). Beim Aufbau und der Weiterentwicklung eigener Wertesysteme kann die Schule eine große Rolle spielen, indem sie konkrete Erfahrungsräume ermöglicht, in denen Kinder und Jugendliche ihre Wertvorstellungen reflektieren, hinterfragen und ausdifferenzieren können.
Gerade MINT-Themen haben eine hohe gesellschaftliche Relevanz für die Zukunft unserer Gesellschaft. Sie berühren viele Fragestellungen, die eine hohe gesellschaftliche Relevanz haben und mit denen Kinder und Jugendliche konfrontiert sind, da sie vor allem auch ihre Zukunft betreffen: Welche Ursachen haben Umweltkatastrophen, und wie können wir diesen entgegenwirken? Was bedeutet nachhaltiges Konsumverhalten? Welche Chancen und Risiken stecken in der Digitalisierung? Diese Fragen sind mit großen globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel oder der gerechten Verteilung begrenzter Ressourcen verbunden und eng an Werteentscheidungen gekoppelt.
Wie schaffen wir es, dass dieser Wertebezug der MINT-Themen für Schüler*innen nicht unentdeckt bleibt? Eine rein fachlich-theoretische Auseinandersetzung im Unterricht reicht dafür nicht aus. Wertebildung geschieht im aktiven und intensiven Kontakt mit neuen Kontexten (Reinders, 2016). Das Zusammenspiel von Naturwissenschaften, Technik und Gesellschaft muss erlebt, bewusst reflektiert und kritisch bewertet werden.
Service-Learning in den MINT-Fächern verbindet naturwissenschaftlich-technisches Lernen mit einem gesellschaftlichen Engagement der Schüler*innen im Stadtteil oder in der Gemeinde. Die Kinder können MINT-Themen praktisch anwenden und ihr im Unterricht erworbenes Wissen vertiefen, zugleich können sie Werte im Engagement direkt erleben. Sie erfahren unmittelbar die gesellschaftliche Relevanz der MINT-Themen, lernen andere Lebenswelten und neue Perspektiven kennen, sei es im Umgang mit Kitakindern, Senior*innen oder Geflüchteten, und reflektieren ihr eigenes Handeln. An den Modellschulen wurden dabei insbesondere die Werte Nachhaltigkeit, Verantwortungsübernahme, Umweltbewusstsein, Solidarität und Soziale Gerechtigkeit in den Blick genommen und mit den Kindern bewusst thematisiert und reflektiert.
Literatur
Reinders, H. (2016). Service-Learning – Theoretische Überlegungen und empirische Studien zu Lernen durch Engagement. Weinheim: Beltz Juventa