Didaktische Merkmale

Persönlichkeitsbildung auf Unterrichtsebene

Für eine Schulkultur der Persönlichkeitsbildung

Eine Schulkultur der Persönlichkeitsbildung setzt entsprechende Angebote systematisch und aufeinander bezogenen um: Wichtiger als zahlreiche unterschiedliche Aktivitäten anzubieten ist, eine bewusste Auswahl von Bildungszielen anzusteuern, die schulkulturell besondere Relevanz haben – etwa Respekt oder Verantwortung, Selbstbestimmung, Engagement oder Selbst- und Fremdsensibilität. Entscheidend ist außerdem ein Verständnis, dass nachhaltige Persönlichkeitsbildung in Schule nicht auf individuelle Lernprozesse der Schüler*innen reduziert werden kann und auch nicht eine Frage der Haltung einzelner engagierter Lehrpersonen darstellt, die selbstverständlich auch relevant ist. Vielmehr ist Persönlichkeitsbildung als schulkulturelle Gestaltungsaufgabe und gemeinsam gelebte Kultur zu verstehen.

Auf Unterrichtsebene kommt es auf folgende Aspekte an:

Curricula und junge Lebenswelten zum Ausgangspunkt machen

Dem curricularen Bezug von Persönlichkeitsbildung kommt eine besondere Relevanz zu, da am fachlichen Gegenstand persönlicher Bezug thematisiert werden kann, ohne dass die ganze Person der einzelnen Schüler*innen adressiert wird. Denn: Persönlichkeitsbildung als Relationierung von Selbst- und Sozialbezug kann größere Nähe zum Innenleben von Kindern und Jugendlichen bedeuten, wenn es etwa um persönliche Einstellungen geht. Als vulnerable Gruppe ist es nicht unproblematisch, wenn Schüler*innen dadurch selbst zum Lerngegenstand werden: Eine Nähe-Distanz-Aushandlung zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen will deshalb umso bewusster gestaltet werden. Außerdem: Wenn praxisnahe Lernformate beispielsweise als Projektwochen an den Rand eines Schuljahres rücken und als "Sonderangebot" wahrgenommen werden, leidet die innerschulische Aufmerksamkeit und Wertschätzung für das persönlichkeitsbildende Vorhaben.

Das bietet Lernen durch Engagement:

Lernen durch Engagement ermöglicht Lehrer*innen projektbasierten Regelunterricht, der curricular angebunden ist. Die vielschichtigen LdE-Lernsettings erlauben, Inhalte und Ziele von Lehrplänen mit Interessen von Schüler*innen sowie mit gesellschaftlichen Bedarfe zu verknüpfen: Dadurch erleben Kinder und Jugendliche umso mehr Relevanz fachlicher Lernziele, Motivation und Selbstwirksamkeit als aktiv Handelnde. Als einer der sechs LdE-Qualitätsstandards ist die curriculare Anbindung aus der empirischen Bildungsforschung abgeleitet und zentraler Faktor für die vielschichtige pädagogische sowie entwicklungspsychologische Wirksamkeit der Lehr- und Lernform.

Mehr über die LdE-Qualitätsstandards erfahren

Bewertung von persönlichkeitsbildenden Angeboten

Mit einer curricularen und fachlichen Anbindung geht einher, persönlichkeitsbildende Angebote auch in die schulische Leistungsordnung zu integrieren: Erst dann misst eine Schulgemeinschaft der schulischen Persönlichkeitsbildung eine entsprechende Relevanz bei. Persönlichkeitsbildend wirken dabei formative Leistungsrückmeldungen und Prüfungsformate, die Entwicklungen und Lernprozesse der Schüler*innen abbilden – im Gegensatz dazu, ausschließlich Ergebnisse oder Wissen abzufragen. Gegenstand der Bewertung können etwa Kompetenzen in Reflexion und Relationierung sein. Als begleitendes Instrument der Leistungserhebung bieten Portfolios eine praktische Möglichkeit, einem solchen Leistungsbegriff Rechnung zu tragen:

über Portfolioarbeit mit Lernen durch Engagement

Portfolios entsprechen dem vielschichtigen LdE-Unterrichtsgeschehen besonders gut, indem sie breitere Kompetenzen abbilden als Ziffernnoten, Reflexionen systematisch anregen und Leistung prozess- anstatt produktorientiert erfassen. Darüber hinaus ermöglichen Portfolios dank einer individualisierten Perspektive einen anerkennenderen Umgang mit Heterogenität. Erfahren Sie hier mehr darüber, welche Möglichkeiten Portfolios als innovatives Prüfungsformat bieten und wie Sie mit Ihren Schüler*innen Portfolios gestalten können:

Video-Impuls von Dr. Christian Albrecht
Online-Selbstlernkurs zu LdE über formative Leistungsrückmeldung
Methodentipp "Portfolio-Baukasten"

Partizipation von Schüler*innen

Ohne Selbst- und Mitbestimmung im regulären Unterrichtsgeschehen zu fördern, kann der bildungstheoretische Anspruch von Persönlichkeitsbildung nicht eingelöst werden. Für die Relationierung von Selbst- und Sozialbezug ist Partizipation entscheidend, da erst in der Teilhabe Individuum und Gesellschaft miteinander verknüpft sind. Dabei geht es nicht darum, einer absoluten oder idealisierten Idee zu folgen: Vielmehr zählt, Möglichkeiten und Grenzen von Partizipation klar zu benennen. Zugleich sollten durch Schüler*innen durch eine zunehmende Selbst- und Mitbestimmung die Möglichkeit erhalten, Selbstwirksamkeitserfahrungen zu machen, indem sie teilhaben, wo es möglich und sinnvoll ist. So entstehen pädagogische Interaktionen, die von Ernsthaftigkeit und Transparenz getragen sind.

Das bietet Lernen durch Engagement:

Die Partizipation von Schüler*innen ist integraler Bestandteil von Lernen durch Engagement und einer der sechs LdE-Qualitätsstandards. Kindern und Jugendlichen wird echte Verantwortung übertragen und das nicht nur im Engagement, sondern auch im Unterricht und für ihren eigenen Lernprozess. Das bringt für die Lehrer*innen bei Lernen durch Engagement ein Nachdenken über die eigene Rolle und Haltung mit sich: Sie treten als pädagogische Lernbegleiter*innen auf, die die Schüler*innen als Verantwortliche ihres Handelns und Lernens anerkennen und unterstützen.

Je größer die Mitbestimmung im LdE-Unterricht, desto mehr Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit, soziale Kommunikationsfähigkeit und kritisches Denken entwickeln Kinder und Jugendliche. Gleichzeitig ist entscheidend, sozialer Ungleichheit bewusst zu begegnen und Schüler*innen – wenn nötig – schrittweise an Mitbestimmung und Verantwortung heranzuführen.

über die LdE-Qualitätsstandards

Widersprüche & Krisen für Diskursfähigkeit

Um sich selbst sowohl als Individuum als auch als Mitglied einer Gruppe bzw. unserer demokratischen Gesellschaft verstehen zu können, sind Urteilsfähigkeit, Diskurs- und Kritikfähigkeit sowie Perspektivübernahme entscheidende Kompetenzen. Das verbindet Persönlichkeitsbildung unmittelbar mit Demokratiebildung sowie mit Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Erst diese Fähigkeiten machen es Kindern und Jugendlichen möglich, Selbst- und Sozialbezug in Beziehung zueinander zu setzen. Auf Unterrichtsebene ist dafür wichtig, die Lerngruppe zu offenen Diskussionen anzuregen, Widersprüchen nachzugehen, Krisen zuzulassen und bewusst zum Gegenstand von Lernen zu machen. Zur entscheidenden Lerngelegenheit werden derartige Erfahrungen, indem Schüler*innen im Unterricht gemeinsame Reflexionsräume erhalten, um Erlebnisse zu verarbeiten und auf sich beziehen zu können.

Das bietet Lernen durch Engagement:

LdE geht aus der Projektmethode nach John Dewey hervor: Diese wurde in den USA insbesondere im Kontext des demokratischen Unterrichts entwickelt. Dewey betonte die Reflexion der Lernenden als wichtigste Voraussetzung, um aus Erfahrung zu lernen. Im LdE-Qualitätsstandard Reflexion ist diese Idee mittlerweile evidenzbasiert ausgearbeitet. Um für den anspruchsvollen Prozess der Demokratiebildung konkrete Hilfestellung zu geben, haben wir gemeinsam mit Vertreter*innen aus Wissenschaft und Praxis ein Modell rund um Demokratiekompetenz bei LdE entwickelt: Dieses benennt einzelne Teilkompetenzen und gibt Anregungen für Lehrer*innen mit, wie sie jene Teilkompetenzen bei ihren Schüler*innen im Unterrichtskontext stärken können.

über Demokratiekompetenz mit Lernen durch Engagement

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