31. Januar 2023 LdE in der Lehrkräfteausbildung | LdE an Grundschulen

LdE-Praxis auf dem Weg ins Lehramt: ein Interview

Lernen durch Engagement bereits als werdende Lehrerin in der schulischen Praxis ausprobieren? Noa Oldach hat diese Erfahrung gemacht ­– und Zweifel überwunden, ob der Lehrberuf das Richtige für sie sein kann. Ein Gespräch darüber, was LdE Lehramtsanwärter*innen ermöglichen kann.

Liebe Noa, bitte stell Dich kurz vor: Wer bist du und was hast du mit LdE zu tun?

Ich bin 25 Jahre alt und ich habe an der Universität Rostock Grundschullehramt studiert – und zwar die Fächer Mathematik, Deutsch, Religion und Werken. Danach habe ich mich dazu entschlossen, noch nicht mit dem Referendariat zu beginnen, sondern weiter zu studieren: erziehungswissenschaftlich-empirische Bildungsforschung. Lernen durch Engagement habe ich dabei in einem Seminar zum Thema Demokratiepädagogik kennengelernt.

Daraufhin hast Du schnell selbst LdE in der Praxis ausprobiert. Wie kam das?

Ich wollte mich näher mit LdE beschäftigen und habe einen Zertifikatskurs des LdE-Kompetenzzentrums Mecklenburg-Vorpommern besucht: Dort hat eine Lehrerin LdE anhand eines Praxisbeispiels vorgestellt: Danach wollte ich das selbst einmal ausprobieren. Als die Idee hinzukam, meine Staatsexamensarbeit über LdE zu schreiben, habe ich mich an jene Lehrerin gewandt: Über neun Wochen hinweg konnte ich für 90 Minuten in der Woche LdE mit ihren Grundschüler*innen machen.

Wie war diese Erfahrung rückblickend für Dich?

Das war mein absolutes Herzensprojekt. Ich hatte das Ganze parallel zum Studium gemacht, was war wirklich anstrengend war: Ich musste sowohl die Unterrichtsstunden als auch die Projektplanung vorbereiten, und die Schule war anderthalb Zugstunden entfernt. Trotzdem war diese Erfahrung eine solche Bereicherung, dass ich dann wusste: "Okay, ich kann mir vorstellen, Lehrerin zu werden." Das Thema war zu diesem Zeitpunkt relativ kritisch für mich.

Warum hattest du Zweifel, Lehrerin zu werden?

Ich war schon vom Studium enttäuscht. Auch, was die Förderung der Studierenden angeht. Vor allem aber hatte ich selten das Gefühl, dass sich etwas am Bildungssystem verändern kann: Das hatte mich frustriert. Auch in meinen Praktika konnte ich mir nicht vorstellen, wie ich eigentlich als Lehrerin meinen Platz finden kann in diesem doch strikten System. Und dann habe ich LdE kennengelernt, was durch die curriculare Anbindung als Lehr- und Lernform ja für den Fachunterricht gedacht ist.

Was hat Dich an LdE überzeugt?

Ich hatte das Gefühl, dass mit LdE doch Unterricht gemacht werden kann, der auf das Leben vorbereitet und wirklich an der Lebenswelt der Schüler*innen ansetzt. Und: dass es trotz aller Vorgaben machbar ist. Schule sollte eigentlich für Kinder gemacht werden, und das passiert meiner Meinung nach nicht wirklich. Sie verbringen so viel Zeit in dieser Institution. Außerdem wäre es doch toll, wenn Schüler*innen Schule gestalten könnten: Mit LdE hatte ich das Gefühl, eine Möglichkeit – von sicherlich vielen – gefunden zu haben, mit der das gelingen kann. Ich würde es toll finden, wenn mehr Studierende LdE erfahren würden.

Haben Deine Komiliton*innen auch mit LdE weitergearbeitet?

Nein, da hat das nicht so gefruchtet. Ich glaube, wenn die Hürden für Studierende kleiner werden, Praxiserfahrungen mit LdE zu sammeln, würde das sicherlich mehr begeistern.

Was ist Deiner Meinung nach der Vorteil daran, LdE bereits während des Lehramtstudiums mit Schüler*innen umzusetzen?

Ich konnte einfach viel für mich ausprobieren, meine Ideen einbringen, habe direkt gemerkt, was funktioniert und was nicht funktioniert. Dadurch habe ich sehr, sehr viel gelernt. Zum Beispiel, dass ich mir sehr klar darüber sein muss, wie ich Dinge formuliere und mit den Schüler*innen spreche. Ich finde besonders das Konstrukt super, dass ich als Studentin von außerhalb in die Klasse kommen und LdE umsetzen kann. Ich glaube, LdE als externe Person durchzuführen, hat enormes Potenzial.

Kannst Du das ausführen?

Lehrer*innen haben ja bereits eine Beziehung zur Klasse und und auch eine Meinung zu einzelnen Schüler*innen. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Es gibt durchaus Beziehungen zwischen Lehrer*inne und Kindern, in denen Verletzungen stattfinden oder die Hemmung besteht, frei zu sprechen – etwa, weil etwas vorgefallen ist und nicht aufgearbeitet werden konnte. Das stellenweise mit Studierenden als externen Personen auszuhebeln und hin und wieder "die Karten neu zu mischen", hätte einen enormen Vorteil für alle Seiten.

Wenn du an junge motivierte Grundschullehrer*innen wie Dich selbst denkst: Welchen Tipp würdest Du mit auf den Weg geben?

Sich selbst als lernende Person zu verstehen. Dass es in Ordnung ist, wenn es erst einmal nicht so verläuft, wie man sich das vielleicht vorgestellt hatte. Das ist eben ein Lernprozess, auf allen Seiten – und das ist auch okay so.
 

Wir danken Dir für das Gespräch und wünschen Dir alles Gute!

to top