20 Jahre LdE in Deutschland

Über die Lust auf Schule mit Lernen durch Engagement

Wie erleben Kinder und Jugendliche Lernen durch Engagement? Wir haben mit Elias Arp gesprochen: Der 18-Jährige hat in den letzten drei Jahren mehrere LdE-Projekte umgesetzt und sagt: "Das ganze fachliche Wissen über Naturwissenschaften oder Geschichte: Das kommt dann alles von allein, weil man eine Lust auf Schule hat". In diesem Interview beeindruckt uns Elias mit seiner Sicht auf Schule, die Gesellschaft, und Lernen durch Engagement.

Lieber Elias, Du lernst seit drei Jahren mit LdE. Wie erlebst Du LdE-Unterricht?

Ich habe LdE als Wahlpflichtunterricht gewählt, weil mich überzeugt hat, selbstständig zu arbeiten. Frontalunterricht, bei dem eine Lehrkraft vorne steht, und alle Schülerinnen und Schüler zuhören: Das gibt es bei LdE halt komplett gar nicht. Unsere Lehrerin war quasi unser Stützrad beim Fahrradfahren – also eine Begleitung auf unserem Weg, die bei Fragen immer da war. Aber die Verantwortung, ein Projekt auf die Beine zu stellen, lag allein bei uns. Manche Kinder und Jugendliche sind selbstständiger, andere brauchen mehr Unterstützung: Aber am Ende des Jahres haben alle ein Projekt erarbeitet. Das wird ja auch benotet – was aber gar nicht so wichtig war. Der Mehrwert war ein ganz anderer, nämlich zu lernen, dass ich Verantwortung habe und damit etwas machen kann. Und: dass es halt wirklich funktionieren kann, wenn man etwas in die Hand nimmt. Das selbst mal zu erleben: Das ist das Besondere an LdE und auch das ganz Wichtige, finde ich.

Was hat LdE für Dich verändert?

Ich bin ein politischer Mensch: LdE war für mich ein Jackpot, weil ich dann im Unterricht meine Interessen verfolgen konnte, zusammen mit meinen Mitschülerinnen und Mitschülern, und natürlich auch noch dazu lernen konnte. Durch LdE habe ich auch super viele Menschen kennengelernt und geübt, Kontakte zu knüpfen und Leute für meine Ideen zu gewinnen. Überzeugen zu können und dann eben Verantwortung zu übernehmen: Das hat auch viel mit meinem politischen Engagement zu tun.

Wir leben ja Gott sei Dank in einer Demokratie, und die kann ja nur davon leben, dass Bürgerinnen und Bürger sagen: 'Okay, ich bringe mich ein, ich sage meine Meinung, ich streite auch darüber – und dann müssen wir einen Kompromiss finden‘. Und nicht zu sagen: ‚Alles ist blöd, aber ich kann daran ja nichts ändern‘. Dadurch, dass junge Menschen sich mit LdE einbringen, ist das auch politische Bildung: halt zu lernen, wie man etwas verändert. Das ist auch ein bisschen Idealismus, aber es funktioniert, wenn man dann zum Beispiel in eine Partei geht und weiß, dass man etwas bewegen kann.

Mit LdE kommt man viel mehr mit seinen Mitschülern und Mitschülerinnen ins Gespräch, vernetzt sich untereinander, und geht natürlich auch Höhen und Tiefen durch in einem Projekt. Aber wenn man Herausforderungen meistert, bleibt das Erfolgserlebnis: Wir gemeinsam haben das geschafft.

Du bist in einer Partei aktiv – für Bildungspolitik. Was ist gute Bildung für Dich?

Grundbedingung ist zuallererst: Gute Bildung ist unabhängig vom Elternhaus, von der Herkunft, vom Geschlecht und davon, wie viel Geld oder welchen Nachnamen die Eltern haben. Zweitens finde ich: Gute Bildung stärkt das Individuum – nicht, um uns alle egoistisch zu machen, sondern um erst einmal erkennen zu können, was die eigenen Interessen sind, und daraus Stärken zu entwickeln. Genau da setzt LdE ja an: Ich habe keine Vorgaben bekommen, was für ein LdE-Projekt ich machen soll. Wo sonst kriegt man in der Schule diese Möglichkeit? Das kann auch überfordernd sein: ‚Was mach ich jetzt? Ich hab‘ ja so eine große Auswahl!‘ Aber das wird, wenn man weiß, was man will.

Und drittens: Gute Bildung vermittelt Werte, wie Eigenverantwortung zu übernehmen – auch das ist bei LdE Thema. Oder: Durchhaltevermögen. Nicht aufzugeben, sondern zu sagen: Ich mach das jetzt, und wenn ich's mache, fühle ich mich gut – das macht für mich auch gute Bildung aus. Und das ganze fachliche Wissen, was in den Lehrplänen steht über Naturwissenschaften oder Geschichte: Das kommt dann alles von allein, weil man eine Lust auf Schule hat.

Welchen Einfluss kann LdE auf eine Klassengemeinschaft haben?

Ich glaube, grundsätzlich einen positiven. Nehmen wir zum Beispiel eine neue Klasse: Man ist im Frontalunterricht, und meldet sich, sagt etwas, und macht mit der Zeit vielleicht nach dem Unterricht noch etwas zusammen, aber auch nicht mit allen, und vielleicht bilden sich Grüppchen. Mit LdE kommt man viel mehr miteinander ins Gespräch, vernetzt sich untereinander, und geht natürlich auch Höhen und Tiefen durch in einem Projekt. Aber wenn man Herausforderungen meistert, bleibt das Erfolgserlebnis: Wir gemeinsam haben das geschafft. Nicht: jeweils alleine, oder zusammen mit Erwachsenen – sondern wir waren das. Und das schweißt zusammen. Irgendwann haben wir als Klasse festgestellt, dass viele über sich hinausgewachsen sind und mit LdE etwas gemacht haben, was sie vorher für unmöglich gehalten haben. Im Grunde ist LdE nichts anderes als ein Team-Building-Tag im Kletterpark, wo man sich gegenseitig absichert.

Während der Pandemie wird viel über das Thema Schule berichtet, aber kaum darüber, was junge Menschen wollen. Was ist Deine Botschaft?

Traut unser Generation mehr zu! Denn: Wir können das. Und natürlich die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben, da wurde ja ein Katastrophenfall offengelegt. Aber generell: Lasst die jungen Menschen machen, worauf sie Bock haben. Gebt ihnen Hilfestellung, wenn sie wollen – und der Rest erledigt sich von selbst. Wir brauchen keinen Druck. Ganz im Sinne von LdE: Einfach machen lassen, und auch mal hinfallen. Damit man lernt, wie das ist, und es nächstes mal anders machen kann, aber diese Erfahrung gemacht hat. Ich glaube, das ist die Mentalität, die wir brauchen.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute, lieber Elias!

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